Notizen aus dem Landesjugendhilfeausschuss

Liebe Freundinnen und Freunde,                                                    Mai 2024

 

Der LJHA befasste sich in seiner Sitzung am 16. Mai unter anderem mit folgenden Themen:

TOP 4.1. Jahresbericht für 2022 und 2023 der Einrichtungsaufsicht- und Beratung im LVR-Fachbereich 43 (Vorlage 15/2329)

Die Beschäftigten der Abteilung „Schutz von Kindern und Jugendlichen in stationären und teilstationären Einrichtungen“ (Abteilung 43.30) prüfen und beraten entsprechende Einrichtungen, sie gehen Meldungen nach zu „Ereignissen oder Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu beeinträchtigen“.

Dabei ist die Zahl der Meldungen von 3678 in 2022 auf 2082 in 2023 zwar gesunken, dies hatte jedoch im Wesentlichen die Ursache im Wegfall der Corona-bedingten Meldungen. Diese außen vorgelassen, ist eine kontinuierliche Steigerung an Meldungen über die letzten Jahre hinweg festzuhalten. Die Verwaltung führt dies auf eine zunehmende Sensibilisierung der Träger, was die Pflicht zur Meldung betrifft, zurück.

Neben den regelmäßigen, angekündigten Besuchen finden auch unangemeldete Prüfungen statt, z.B. nach Hinweisen ehemaliger Mitarbeiter*innen einer Einrichtung. Dabei geht das Landesjugendamt mit Rücksicht auf die Kinder und Jugendlichen sensibel mit dem Instrument der unangemeldeten Prüfung um.

Die Verwaltung stellt im Rahmen dieses Berichts fest, dass der grassierende Fachkräftemangel in ein Dilemma führt. Um das bestehende Angebot aufrechtzuerhalten, bräuchte es eigentlich mehr entsprechend ausgebildetes Personal. Wenn dies nicht gewonnen werden kann, bliebe nur die Wahl einer möglichen Reduktion der angebotenen Plätze oder ein teilweiser Verzicht auf das Fachkräftegebot mit der damit verbundenen Absenkung bewährter Standards der Betreuung.

Aus verschiedenen Kommunen wird im Übrigen berichtet, dass die dortigen Inobhutnahmestellen „voll laufen“; die betroffenen Kinder und Jugendlichen müssen dort über Gebühr lange verweilen, weil es an geeigneten Plätzen für die weitere Betreuung fehlt.

 

TOP 4.2. Jahresbericht 2023 der Teams „Aufsicht und Beratung“ im LVR-Fachbereich 42 (Vorlage 15/2367)

Für das Jahr 2023 ist dabei erneut ein Anstieg von Meldungen aus den Kindertageseinrichtungen festzustellen. So erhöhte sich die Zahl der gemeldeten Fälle aus dem Bereich sexuelle Übergriffe/Gewalt von 117 in 2022 auf 203 im Jahr 2023. Auffällig ist dabei, dass 159 von diesen 203 Meldungen sich auf sexuelle Übergriffe/Gewalt zwischen Kindern bezogen. Ähnlich verhält es sich in der Rubrik körperliche Übergriffe/Gewalt. Hier stieg die Zahl der gemeldeten Vorkommnisse von 195 auf 435, wovon 327 sich zwischen Kindern abspielten.

Ein möglicher Grund für die auch insgesamt steigenden Meldungen könnte eine erhöhte Sensibilisierung der Träger in Folge diverser öffentlich gewordener Kinderschutzfälle sein oder auch die Wirksamkeit der Info-Kampagne der Landesjugendämter zum Thema Meldepflichten.

 

TOP 5. Aktuelle Entwicklungen in der frühkindlichen Bildung (Präsentation)

Themen waren unter anderem das Auslaufen des Kita-Investitionsprogramms des Bundes zum Ende des Jahres, die KiBiz-Evaluation nach § 55 KiBiz und das neue Qualitätsentwicklungsgesetz, das in NRW zum 1.1.2025 eingeführt wird.

Besonders brisant ist hierbei die Mitteilung des Bundes, kein neues Investitionsprogramm mehr aufzulegen. Wie die Länder alleine künftig den nötigen Kita-Ausbau stemmen sollen, ist völlig unklar, zumal diese – auch – unter sinkenden Steuereinnahmen zu leiden haben.

Alle Details hierzu sind der beigefügten Präsentation zu entnehmen.

2024-05-16-Aktuelle Entwicklungen Frühe Bildung

 

TOP 6. Aufsichtsrechtliche Grundlagen – Personelle Unterbesetzung. Ergänzung 6. Kapitel: Belegung der Einrichtung bei eingeschränktem Betreuungsangebot (Vorlage 15/2366)

Im Februar hatten wir in den „Notizen aus dem LJHA“ berichtet, dass Kinder mit Behinderung zeitweise von der Kita oder der OGS ausgeschlossen worden waren,

wenn ihre Schulbegleitung/Integrationshilfe nicht anwesend war. Teilweise sei dieses Vorgehen bereits im Vorfeld vertraglich festgehalten worden, wie Betroffene berichtet hatten.

Die Verwaltung hatte in ihrer Antwort auf eine Anfrage dazu bestätigt, dass die Landesjugendämter als Betriebserlaubnisbehörden für Kindertagesstätten zunehmend Anfragen und Beschwerden in diesem Zusammenhang erreichen würden. Das Landesjugendamt hatte in einem Rundschreiben an die Jugendämter im Rheinland bereits darauf hingewiesen, dass die vertragliche Festschreibung eines möglichen Ausschlusses aus genanntem Grund bereits im Vorfeld rechtswidrig ist.

Nun hat die Verwaltung auch die „Aufsichtsrechtlichen Grundlagen“ um ein neues Kapitel ergänzt, in dem noch einmal deutlich formuliert ist, dass Kinder nicht allein aufgrund der Tatsache von der Betreuung ausgeschlossen werden dürfen, dass die Person, die die individuelle heilpädagogische Leistung erbringt („Kita-Assistenz“) nicht anwesend ist.

 

TOP 7. Mit armutssensiblem Handeln Teilhabe ermöglichen! – Bericht aus der LVR-Koordinationsstelle Kinderarmut (Vorlage 15/2287)

Die LVR-Koordinationsstelle Kinderarmut vereint unterschiedliche Fachberatungen, deren gemeinsames Ziel es ist, durch Beratung und Fortbildungen die Jugendämter im Rheinland dabei zu unterstützen, betroffene Kinder und Jugendliche zu stärken.

„Mit unseren Bemühungen können wir die Kinderarmutsquote nicht senken“, wissen die Mitarbeiter*innen der Koordinationsstelle. Denn Ursachen für Kinderarmut müssen von Bund und Land bekämpft werden. Aufgabe der Kommunen und der diversen im Bereich Kinder und Familie tätigen Akteure vor Ort ist es jedoch, Präventionsarbeit zu den möglichen Folgen finanzieller Familienarmut wie Ausgrenzung etc. zu leisten.

Dafür will die Koordinationsstelle über eine bessere Vernetzung der verschiedenen Akteure Hilfestellung geben.

Nach dem Ende der Corona-Pandemie mit den damit verbundenen eingeschränkten Möglichkeiten, Fortbildungen in Präsenz anzubieten, ist nunmehr die Nachfrage nach Workshops und Seminaren zum Themenfeld Kinderarmut und Armutssensibilität wieder gestiegen. Hier soll zum einen Faktenwissen über Armut und konkrete Bedarfe vermittelt werden, zum anderen aber auch die Selbst- und Praxisreflexion der Teilnehmenden gestärkt werden. Schlussendlich soll es darum gehen, die Perspektive der betroffenen Kinder und Jugendlichen einnehmen zu können.

Armutssensibilität soll im Endeffekt sowohl Handlungsorientierung bieten als auch Haltung sein bei Fachkräften und Einrichtungen und so dazu beitragen, dass Kindern und Jugendlichen mehr gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht wird.

 

TOP 8. Bericht aus der Verwaltung

Im Rahmen des Berichts aus der Verwaltung wurde unter anderem mitgeteilt, dass es seitens der Landesregierung weiterhin keine neuen Informationen über die inhaltliche und finanzielle Ausgestaltung der OGS gibt.

Daraufhin haben wir angeregt, dass die beiden Landesjugendhilfeausschüsse sich erneut an das Land wenden sollen mit dem dringenden Appell, hier nun bald für verlässliche Regelungen zu sorgen.

Grundlegend ist den Mitgliedern des LJHA, dass die OGS eine gemeinsame Aufgabe von Schule und Jugend ist, in Schule stattfindet und mit dem Ziel verbunden ist, die beiden Systeme in ihrer unterschiedlichen pädagogischen Ausrichtung zu vernetzen. Die Schule darf sich nicht aus der OGS rausziehen

Diese Anregung wurde einstimmig vom Ausschuss unterstützt, so dass in den kommenden Wochen nun ein entsprechender Text entworfen und abgestimmt werden wird.

Dezernent Knut Dannat berichtete, dass nach Beendigung des Beteiligungsverfahrens der erste Referentenentwurf zur Umsetzung der Großen Lösung bereits vor der Sommerpause erwartet wird. Aus nordrhein-westfälischer (und bayerischer) Sicht besonders bedeutsam sind die Debatten um eine mögliche Länder-Öffnungsklausel.

Der Bund favorisiert allem Anschein nach stattdessen ein Auslaufen der länderspezifischen Regeln in NRW und Bayern bis zum Jahr 2030 mit einer Übergangsphase ab 2028. Diese Regelung wäre wiederum aus Sicht des MKJFGFI und der beiden Landesjugendämter wenig attraktiv, da diese in den Übergangsjahren nicht mehr als vollwertige Verhandlungspartner*innen mehr wahrgenommen werden könnten.

Schließlich berichtete der Dezernent von einem Rundschreiben an die Jugend- und Sozialämter (nachrichtlich an die LAG der FW sowie die kSV), Darin werden die Kitaträger u.a. aufgefordert, unter Nutzung der Möglichkeiten der PersonalVO zum KiBiz inklusive Strukturen in den Kitas zu schaffen, die es ermöglichen, Kinder mit Behinderung auch ohne individuelle Begleitung durch eine Kita-Assistenz aufzunehmen, wie es der Landesrahmenvertrag auch grundsätzlich vorsieht.

Sowohl aus inhaltich-konzeptionellen wie auch aus finanziellen Gründen ist es erforderlich die vergleichsweise hohe Zahl an individuellen heilpädagogischen Leistungen (Assistenzleistungen) sehr deutlich zurückzuführen..

Die Basisleistung I sei so konzipiert, dass sie grundsätzlich den erhöhten Bedarf für Kinder mit Behinderung abdecken können müsse. Die Zusatzleistung „individuelle heilpädagogische Leistung“ sei aber zur Zeit fast eine Regelleistung, da ein Drittel aller Kinder mit Behinderung in einer Regel-Kindertageseinrichtung sie bekäme. Dies entspräche nicht dem Gedanken der Realisierung eines inklusiven Sozialraums.

 

Alle Vorlagen sind über unsere Geschäftsstelle zu erhalten.

Unsere Kontaktdaten für An- oder Abmeldungen der Notizen, Fragen und Anregungen: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Fraktion in der Landschaftsversammlung Rheinland, Landeshaus, Kennedyufer 2, 50679 Köln

Tel: 0221-8093364; Fax: 0221-8092560, gruene-fraktion@lvr.de, www.gruene-fraktion-lvr.de