Notizen aus dem Landesjugendhilfeausschuss

Liebe Freundinnen und Freunde,                                                   Dezember  2023

der LJHA befasste sich in seiner Sitzung am 23. November unter anderem mit folgenden Themen:

TOP 3. Eigenständige Jugendpolitik in kommunaler Verantwortung

TOP 3.1. Stärkung kommunaler Jugendpolitik durch öffentliche und freie Träger in NRW – Projektergebnisse der Landesjugendämter und des Landesjugendrings NRW (Vorlage 15/1974) und Vorträge

Wie kann sichergestellt werden, dass – kommunale – Politik die Interessen von jungen Menschen stärker bei allen für sie relevanten Entscheidungen berücksichtigt? Und wie kann andererseits erreicht werden, dass diese jungen Menschen sich – erfolgreich – einbringen können in die politische Entscheidungsfindung?

Diese Fragestellungen standen im Fokus des vierjährigen Projekts „Eigenständige Jugendpolitik in kommunaler Verantwortung“, einem gemeinsamen Förderprogramm der beiden Landesjugendämter in NRW. Das Projekt, das vom 1.1.2019 bis zum 31.12.2022 lief, wurde auch vom Land finanziell unterstützt.

Die Ergebnisse des Projekts wurden in diesem Landesjugendhilfeausschuss über die oben genannte Vorlage und in Vorträgen präsentiert.

Erfreulich viele Kommunen und Kreise, 34 an der Zahl, haben sich im Rheinland und in Westfalen an dem Projekt beteiligt. Dabei konnte das Ziel erreicht werden, ein interkommunales Netzwerk von Jugendlichen und Fachkräften der Jugendhilfe aufzubauen, was von den Beteiligten als sehr gewinnbringend erlebt wurde.

Eine ebenso zentrale Erkenntnis: Wichtige Bedingung für eine gelebte Beteiligungskultur ist eine kommunale Gesamtstrategie, die gemeinsam mit den jungen Menschen entwickelt werden muss. Ein vielfältiger Mix an Beteiligungs-möglichkeiten ist erforderlich, um der Vielfältigkeit der Zielgruppe gerecht zu werden. Dabei sind feste Ansprechpersonen in Politik und Verwaltung besonders bedeutsam. Dies umso mehr, als es bei den beteiligten Jugendlichen altersbedingt zu einer latenten Fluktuation kommt.

Aus den Reihen der Politik wurde der Wunsch geäußert, den Aufbau der entsprechenden Strukturen durch eine Fachtagung zum Thema zu unterstützen. Die Verwaltung greift diesen Wunsch auf und wird der Politik dazu nächstes Jahr eine Vorlage dazu präsentieren.

Zu diesem Thema hatte der Ausschuss auch Besuch aus Krefeld. Mitglieder des Jugendbeirats und vom Jugendring sowie der Krefelder Stadtdirektor, Markus Schön, unterstrichen in ihren Statements die Bedeutung der Einbeziehung von Jugendlichen in alle Bereiche kommunaler Politik.

TOP 4. Fachkräftemangel in Sozial- und Erziehungsberufen – Initiative der Hochschulen in NRW

Der Fachkräftemangel in Sozial- und Erziehungsberufen wurde in diesem Ausschuss schon häufiger thematisiert ebenso wie die verschiedenen Möglichkeiten, diesen Mangel, wenn schon nicht zu beseitigen, so doch zumindest etwas weniger spürbar werden zu lassen.

Umso erfreulicher, dass auch die Hochschulen in NRW sich dieses Themas annehmen, wie der Vortrag von Frau Professorin Doktor Heike Wiemert, der Dekanin des Fachbereichs Sozialwesen an der Katholischen Hochschule NRW deutlich machte. Dabei wurden von ihr zum einen die Herausforderungen dargestellt, die sich aus dem Zusammenwirken von Fachkräftemangel und Fachkräftemehrbedarf ergeben. Zum anderen beleuchtete sie Möglichkeiten der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften durch eigene Beiträge auf die Situation zu reagieren. Von Seiten der Politik erfolgte die Anregung, Frau Prof. Wiemert in den Facharbeitskreis Fachkräftemangel für einen weiteren Diskurs einzuladen.

TOP 6. Bericht über die Umsetzung der Leistungen in Pflegefamilien (Vorlage 15/1967)

Mit dem Ausführungsgesetz zum BTHG sind die Landschaftsverbände nun auch zuständig für die Deckung des Bedarfs von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien. Damit einher geht die Erwartung, dass die Landschaftsverbände landesweit möglichst einheitliche, mindestens aber vergleichbare, Standards etablieren.

Im Bereich des LVR leben etwa 1.600 Kinder mit geistiger und/oder körperlicher und/oder Sinnesbehinderung nicht in ihrer Herkunftsfamilie. Rund 700 davon leben in Pflegefamilien, etwa 600 in Einrichtungen über Tag und Nacht, ca. 160 in Internaten und noch einmal 140 im Kurzzeitwohnen.

Einen Schwerpunkt bildet aktuell die Aufgabenwahrnehmung für Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien. Hier wurde mit dem landesweit einheitlichen Pflegefamiliengeld (wir berichteten in den „Notizen“) eine angemessene finanzielle Anerkennung für die vielfältigen Leistungen von Pflegefamilien geschaffen.

Darüber hinaus werden die Pflegefamilien von einer Fachberatung unterstützt, die zum Beispiel rund um die Themen „Geschwisterbeziehungen“, „Konfliktsituationen“, „Schaffung von Alltagsstruktur“, um nur einige zu nennen, die Pflegefamilien berät und begleitet.

TOP 7. Errichtung des Bildungsgangs Staatlich geprüfter Sozialassistent/Staatlich geprüfte Sozialassistentin mit dem Schwerpunkt „Erziehung, Bildung und Betreuung von Grundschulkindern“ (Vorlage 15/1998)

Zum 1.8.2024 möchte das LVR-Berufskolleg in Düsseldorf diesen Studiengang einrichten. Bereits jetzt gibt es im Bereich der Offenen Ganztagsschule einen großen Personalbedarf und konstatierten Fachkräftemangel. Mit der Implementierung des Rechtsanspruchs auf einen OGS-Platz ab 2026 wird diese personelle Lücke sicherlich noch weiter anwachsen. Der neue Ausbildungsgang zur Sozialassistenz würde Menschen, die „nur“ über den ersten Bildungsabschluss verfügen, einen neuen Weg in den Beruf eröffnen. Der Landesjugendhilfeausschuss hat diese Vorlage, die bereits im vorhergegangen und federführenden Schulausschuss empfehlend beschlossen wurde und hier dem LJHA zur Kenntnis gegeben wurde, einhellig befürwortet.

TOP 8. Fortführung des Schulentwicklungsvorhabens „Erweiterung des Distanzlernvolumens auf 40% in der Erzieherausbildung gemäß Anlage E der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Berufskolleg“ des LVR-Berufskollegs Düsseldorf (Vorlage 15/2022/1 E)

Wie der Titel der Vorlage es schon zum Ausdruck bringt, handelt es sich hier um eine schwere bürokratische Aufgabe: Wie schaffe ich es, Menschen die Ausbildung zum Erzieher oder zur Erzieherin zu ermöglichen, die aus diversen Gründen nicht so durchgängig an Präsenz-Unterricht teilnehmen können wie dies üblich wäre? Und wie überzeuge ich ein Ministerium davon, dass diese Ausbildung trotzdem etwas taugt und dieses Angebot dringend nötig ist in Zeiten des Fachkräftemangels?

Das LVR-Berufskolleg wollte sein Angebot bei der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern verändern, um Wünschen und Bedürfnissen der – potentiell – Studierenden entgegen zu kommen und hatte um Genehmigung eines entsprechend gestalteten Ausbildungsgangs ersucht; eine sehr gute Idee, war sich die Politik einig.

Ein erster Genehmigungsanlauf war dann aber zur Überraschung und Enttäuschung von Politik und Verwaltung im Sommer gescheitert. Das NRW Schul- und Bildungsministerium monierte unter anderem fehlende inhaltliche und Leistungskonzepte und verlangte eine eingehendere Begründung des regionalen Bedarfs. Nun fordern Schulausschuss und LJHA gleichermaßen die Verwaltung auf, sich nicht entmutigen zu lassen, weiterhin dicke Bretter zu bohren und in einem erneuten Anlauf dem Ministerium die gewünschten Angaben nachzuliefern. Viel Glück!

TOP 9.1.2. Haushalt 2024; Fonds Heimerziehung (Antrag 15/149 CDU, SPD)

Die Stiftung „Anerkennung und Hilfe“, die Menschen helfen sollte, die in Heimen der Behinderten- und Jugendhilfe oder in der Psychiatrie in der Zeit von 1949 bis 1975 Unrecht erlitten haben, hat ihre Arbeit verabredungsgemäß in diesem Jahr eingestellt. Die betroffenen Menschen sollen aber weiter Unterstützung erfahren, sie wollen aus ihrer Opferrolle heraustreten und ihre Zukunft aktiv gestalten. Daher sollen für die Jahre 2024,2025 und 2026 jeweils 200.000 Euro für Selbsthilfeprojekte bereitgestellt werden und die Verwaltung wird aufgefordert, dazu passende Förderrichtlinien zu erarbeiten.

Dem kann man nur zustimmen und das haben wir in der Sitzung auch getan.

TOP 11. Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes – Frühförderung (Vorlage 15/2062)

Im Juli 2018 wurde den beiden Landschaftsverbänden durch das Ausführungsgesetz zum BTHG die Leistungsträgerschaft im Bereich der Frühförderung übertragen. Dahinter stand der Wunsch, dass die Landschaftsverbände – wie bei so vielen ihnen übertragenen Aufgaben – es schaffen, die Lebensverhältnisse im Rheinland und in Westfalen-Lippe in dem betreffenden Aufgabenbereich zu harmonisieren, die Qualität bestenfalls zu heben. Nun ist erfreulicherweise zu konstatieren, dass in 25 der Mitgliedskörperschaften des LVR mindestens eine interdisziplinäre Frühförderstelle existiert (insgesamt sind es 47), während es 2019 erst in 20 Mitgliedskörperschaften eine entsprechende Einrichtung gab. Der letzte „weiße Fleck“ ist Remscheid, hier laufen aber auch schon Interessenbekundungsverfahren mit möglichen Anbietern.

TOP 13. Empfehlung zur Sicherung der Rechte von jungen Menschen in Pflegeverhältnissen (Vorlage 15/2004)

Eine Konsequenz der schrecklichen Fälle von Kindesmissbrauch in den vergangenen Jahren war die Verabschiedung des Landeskinderschutzgesetzes NRW, das am 1. Mai 2022 in Kraft getreten ist. In diesem wird auch auf die Pflegekinderhilfe Bezug genommen. Nun haben die beiden Landesjugendämter in Zusammenarbeit mit Fach- und Leitungskräften von öffentlichen Trägern der Pflegekinderhilfe eine umfangreiche Empfehlung entwickelt, die den Jugendämtern an die Hand gegeben werden soll, um noch stärker die Rechte von jungen Menschen in Pflegeverhältnissen zu sichern. Diese Empfehlung wurde im LJHA beschlossen.

TOP 14. Abschlussbericht zum LVR-Förderprogramm „Unterstützung der Kommunen im Rheinland beim Ausbau der Angebots- und Koordinationsstrukturen für Kinder und Jugendliche mit psychisch und/oder suchtkranken Eltern“ (Vorlage 15/2002)

Hinter diesem Lindwurm von Titel verbirgt sich ein durchaus erfolgreiches Programm. Trotz erschwerter Rahmenbedingungen (Corona) stieß das Programm, das von 2020 bis 2023 lief, auf reges Interesse bei den Kommunen im Rheinland. Insgesamt waren Jugend- und Gesundheitsämter aus 35 Kommunen beteiligt; 27 Projekte wurden gefördert. Das zahlenmäßige Missverhältnis rührt daher, dass an einigen Projekten mehrere Kommunen beteiligt waren. Und was vielleicht das Wichtigste ist: Bei einigen Projekten fand sogar eine Verstetigung über das Ende des Förderprogramms hinaus statt; was ja durchaus nicht immer der Fall ist im Nachgang von Fördermaßnahmen.

TOP 15. Bericht aus der Verwaltung

Unter diesem Tagesordnungspunkt berichtete der LVR-Dezernent für Kinder, Jugend und Familie, Knut Dannat, vom letzten Treffen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter. Neben der Wahl eines neuen Vorstands und Debatten um die Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge stand auch der Fortgang der Diskussionen um die Realisierung der sogenannten Großen Lösung auf dem Programm. Bei dieser geplanten Zusammenführung von Leistungen für alle Kinder und Jugendliche (mit und ohne Behinderung) im SGB VIII soll der Fokus auf der Schnittstellenbeseitigung liegen. Eine Überforderung der Systeme durch den Zusammenführungsprozess soll unbedingt vermieden werden. Für Mitte 2024 wird jetzt ein erster Referentenentwurf für das entsprechende Gesetzesvorhaben erwartet.

Alle Vorlagen sind über unsere Geschäftsstelle zu erhalten.

Unsere Kontaktdaten für An- oder Abmeldungen der Notizen, Fragen und Anregungen: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Fraktion in der Landschaftsversammlung Rheinland, Landeshaus, Kennedyufer 2, 50679 Köln

Tel: 0221-8093364; Fax: 0221-8092560, gruene-fraktion@lvr.de, www.gruene-fraktion-lvr.de