Mai Notizen aus dem Landesjugendhilfeausschuss

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Auch das erste Kennenlernen der neuen Mitglieder im Landesjugendhilfeausschuss musste wie so vieles dieser Tage mit Maske erfolgen. Im Laufe der Zeit werden die Begegnungen dann hoffentlich wieder ungezwungener stattfinden können.

Der LJHA tagte in seiner ersten, konstituierenden Sitzung der 15. Wahlperiode am 20.5.2021 unter anderem zu folgenden Themen:

TOP 3 Wahl des/der Vorsitzenden Landesjugendhilfeausschusses und der/des stellvertretenden Vorsitzenden

Klassischerweise wird an dieser Stelle die Sitzungsleitung an die Alterspräsidentin bzw. den Alterspräsidenten übergeben, in diesem Fall an unser Fraktionsmitglied Karin Schmitt-Promny. Diese ertrug ihr Schicksal, nunmehr die Älteste im LJHA zu sein, mit Fassung und Humor: „Ich sehe es als Beleg dafür, dass die Besetzung im LJHA sich insgesamt verjüngt und betrachte das als gutes Zeichen!“, kommentierte sie ihr Kurzzeit-Amt. Ihre einführenden Worte zur Arbeit des LJHA geben wir an dieser Stelle auch gerne wieder:

„Ich freue mich, dass wir heute zur konstituierenden Sitzung des Landesjugendhilfeausschusses zusammenkommen.

Der Landesjugendhilfeausschuss behandelt eines der wichtigsten gesellschaftlichen Themen; die Politik für Kinder, Jugend und Familie. Dieser Politikbereich wird oftmals unterschätzt. Er stellt aber wesentliche Weichen für die Entwicklung von Kindern, für deren Teilhabe und für Bildungsgerechtigkeit.

Wir – Landesjugendamt und Landesjugendhilfeausschuss – arbeiten bislang gut zusammen und wollen dies auch so fortsetzen. Das Landesjugendamt mit seinen Mitarbeiter*innen ist gut aufgestellt. Es hat die Weiterentwicklungen seiner Aufgabenstellungen in den letzten Jahren erfolgreich aufgefangen. In Zukunft werden weitere Anforderungen auf das Amt zukommen, etwa durch die Reform des SGB VIII. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Entwicklung hin zur Inklusion im Elementarbereich wie in der Kinder- und Jugendarbeit.

Die gute Zusammenarbeit der Fraktionen im Landesjugendhilfeausschuss hat schon Tradition. Auch bei Differenzen oder Reibungen in der Sache kommen wir meist zu einvernehmlichen Entscheidungen. Unser Focus, unsere Verantwortung richtet sich auf das Wohl der Kinder und Jugendlichen.

In diesem Sinne wünsche ich dem Ausschuss weiterhin eine gute Zusammenarbeit, auch in dieser Wahlperiode.

Für Kinder, Jugendliche und Familien im Rheinland.“

Die gute Zusammenarbeit der Fraktionen zeigte sich dann auch bei der anschließenden Wahl. Einstimmig gewählt wurden als Vorsitzende Ursula Holtmann-Schnieder (SPD), als erste stellvertretende Vorsitzende Christiane Leonards-Schippers (CDU) und als zweite stellvertretende Vorsitzende Karin Schmitt-Promny.

TOP 5. Vorstellung des LVR-Dezernates Kinder, Jugend und Familie, Aufgaben und Struktur des Dezernates (Vorlage 15/252)

Verwaltungsmenschen haben ja oftmals die irritierende Angewohnheit, auf die Frage nach ihrem Arbeitsplatz mit einer Zahl zu antworten: „61“ oder „82“ oder auch „42“. Im Laufe ihrer langen Betriebszugehörigkeit schleift sich das wohl ein, für Betriebsneulinge ist es oftmals schwierig, die Tätigkeit der Ziffer zuzuordnen. Da ist es schön, wenn jedenfalls am Anfang der Wahlperiode die Dezernate sich vorstellen und aus der Ziffer eine konkrete Arbeitsbeschreibung wird. Insofern sei diese Vorlage allen Leserinnen und Lesern sehr empfohlen. Jetzt muss man das nur noch auswendig lernen….

In dieser Sitzung persönlich vorgestellt hat sich Andreas Jung, der neue Leiter des Fachbereichs Jugend (43) als Nachfolger von Dieter Goebel, der in der letzten Sitzung des LJHA in den Ruhestand verabschiedet worden war.

TOP 7.“Die Krise als Chance nutzen“/Erster Teilbericht (Vorlage 15/143/1)

Diese Vorlage widmet sich den Auswirkungen der Pandemie auf Arbeitsgestaltung, Mobilität, Digitalisierung u.a. in der LVR-Zentralverwaltung Köln, geht durch fast alle Ausschüsse des LVR und erreichte nun auch den LJHA. Der zweite Teilbericht soll in der nächsten Beratungsrunde folgen.

Ob die Wahl des Titels der Vorlage so glücklich war angesichts der dramatischen Folgen der Pandemie, kann durchaus in Zweifel gezogen werden. Festzuhalten bleibt immerhin, wie die Verwaltung an anderer Stelle betonte, dass die Zahl der Teilnehmenden an den angebotenen digitalen Fortbildungsveranstaltungen deutlich höher war als früher bei Präsenzformaten.

Grundsätzlich haben wir angeregt, die Auswirkungen der Pandemie nicht nur auf die Beschäftigten, sondern auch auf die Menschen mit Behinderungen, die Leistungen durch den LVR beziehen, zu untersuchen.

TOP 10. Pflegefamiliengeld – landeseinheitliche Ausgestaltung der Leistungen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung in Pflegefamilien (Vorlage 15/193)

Mit dem Ausführungsgesetz NRW zum Bundesteilhabegesetz ist die Zuständigkeit der Landschaftsverbände für Leistungen für Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien bestätigt worden und wird seit dem 1.1.2020 in eigener Verantwortung von diesen durchgeführt. In der Zuständigkeit des LVR leben derzeit ca. 2.340 Kinder und Jugendliche mit geistiger, körperlicher und/oder Sinnesbehinderung außerhalb der eigenen Familie und davon wiederum fast 900 in Pflegefamilien. Das sind übrigens fast doppelt so viele wie nach einer Abfrage bei den Mitgliedskörperschaften erwartet.

Grundsätzliches Ziel der Landschaftsverbände war es, die Chance zu nutzen, nunmehr landeseinheitliche Lebensverhältnisse für Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien zu schaffen, was mit der jetzt vorgestellten Vereinbarung mit dem LWL erreicht werden konnte.

Dabei wird niemand schlechter gestellt: Die etwa 200 Familien, die nach den bislang gültigen Regelungen mehr Geld bekommen hatten, als ihnen nunmehr zustehen würde, erhalten Bestandsschutz. In etwa der Hälfte der Fälle profitieren die Pflegeeltern von den neuen Sätzen. Eine Besonderheit ist, dass diejenigen Pflegeeltern, die sich professionell beraten und unterstützen lassen, bei den Kosten der Erziehung einen etwas höheren Satz (858.- Euro statt 715.- Euro) bekommen als diejenigen, die darauf verzichten. Wir wünschen uns insgesamt, dass die Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Pflegeeltern ausgebaut werden.

TOP 11 Ausschreibung des LVR-Preises Mitmän in 2021 (Vorlage 15/220)

Mit diesem Preis sollen junge Menschen mit und ohne Behinderungen für ihre Ideen und Beiträge zu einer inklusiven Gesellschaft geehrt werden. Der Preis wurde 2019 zum ersten Mal ausgeschrieben und im letzten Jahr verliehen. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 30.9.2021; am 25.11.2021 entscheidet der LJHA dann über die PreisträgerInnen. Die Bewerbung erfolgt durch die jungen Menschen selbst. Alles zum Bewerbungsverfahren ist der beigefügten Vorlage zu entnehmen. Wenn ihr zufällig junge Menschen kennt, die entsprechend engagiert sind, wäre es schön, wenn ihr sie auf diesen Preis aufmerksam machen würdet. Bei dem folgenden Link können Bewerbungen abgeschickt werden.

https://rheinland-ausgezeichnet.lvr.de/media/rheinland_ausgezeichnet/LVR_Bewerbungsformular_Mitmaen.pdf

TOP 12 Jahresberichte 2019 und 2020 Team Aufsicht und Beratung in Kindertageseinrichtungen (Vorlage 15/215)

Im Rahmen der Debatte über diese Vorlage wurde deutlich, wie gravierend der Fachkräftemangel in Kindertageeinrichtungen mittlerweile geworden ist. Fraktionsübergreifend wurde im Ausschuss angeregt, eine gemeinsame Kampagne von Landschaftsverbänden, Land und Trägern ins Leben zu rufen, die aktiv für diesen Beruf wirbt, nicht zuletzt auch unter Männern.

TOP 14. SBG VIII-Reform

Am 7. Mai 2021 hat der Bundesrat der vom Bundestag verabschiedeten Reform der Kinder- und Jugendhilfe zugestimmt. Mit der Reform wird ein erster Schritt gemacht, um staatliche Leistungen und Hilfen für Kinder- und Jugendliche mit Behinderungen in den kommenden Jahren im SGB VIII zu bündeln. Prinzipiell soll die Inklusion als Leitgedanke in der Kinder- und Jugendhilfe und die grundsätzlich gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung verankert werden. Sie soll Minderjährige aus einem belastenden Lebensumfeld, die in Heimen oder Pflegefamilien leben, besser schützen und ihnen mehr Chancen auf Teilhabe geben.

Im Folgenden einige Schwerpunkte:

  • Heime und ähnliche Einrichtungen werden einer strengeren Aufsicht und Kontrolle unterstellt. Die Landschaftsverbände erhalten nun unter anderem die Möglichkeit der anlasslosen Kontrolle vor Ort. „Diese Möglichkeit bedeutet natürlich auch die Pflicht, sie wahrzunehmen“, betonte Jugenddezernent Lorenz Bahr. Dies könnte auch Personalaufbau mit sich bringen.

 

  • Kinder in Pflegefamilien verbleiben auf Anordnung des Familiengerichts dauerhaft dort, wenn dies zum Schutz und Wohl des Kindes erforderlich ist.
  • Junge Menschen in Pflegefamilien und Einrichtungen der Erziehungshilfe, die Einkommen aus Schülerjobs, Praktika oder einer Ausbildung haben, müssen sich künftig nur noch mit 25 Prozent an den Kosten beteiligen – bislang waren es 75 Prozent. Dabei bleibt ein Freibetrag von 150 Euro des Einkommens von der Kostenbeteiligung ausgenommen. Einkommen aus kurzfristigen Ferienjobs und ehrenamtlicher Tätigkeit sind gänzlich freigestellt.
  • Alle beteiligten Stellen, also Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheits- und Strafverfolgungsbehörden sowie die Familien- und Jugendgerichte sollen besser miteinander kooperieren. Ärzte, die sich bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt wenden, erhalten beispielsweise eine Rückmeldung über die anschließende Gefährdungseinschätzung. Verbesserungen sind auch für die Prävention vor Ort und die Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien vorgesehen. Dazu gehört auch, dass künftig bei der Erteilung einer Betriebserlaubnis für eine Kindertagesstätte abgefragt wird, ob ein Gewaltschutzkonzept vorhanden ist.
  • In Notsituationen können sich die Betroffenen an eine Erziehungsberatungsstelle in ihrer Umgebung wenden und dort unbürokratisch Hilfe erhalten. In den Ländern soll eine bedarfsgerechte Struktur von unabhängigen Ombudsstellen entstehen. Die Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Heimen und Pflegefamilien werden erweitert.
  • Ab 2024 wird die Funktion eines Verfahrenslotsen beim Jugendamt eingerichtet, der als Ansprechpartner für Eltern und andere Erziehungsberechtigte con Kindern und Jugendlichen mit Behinderung fungiert.

Das Gesetz tritt im Wesentlichen am Tag nach der Verkündung in Kraft. Zuvor muss es noch vom Bundespräsidenten unterzeichnet und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden.

In einer begleitenden Entschließung weist der Bundesrat darauf hin, dass das Gesetz mit erheblichen Kostenfolgen für die Länder verbunden sind, die diese nicht tragen können.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, dauerhaft einen vollständigen Kostenausgleich für Länder und Kommunen zu schaffen – beispielsweise durch Änderung des Finanzausgleichsgesetzes.

Auf der Internetseite des Deutschen Instituts für Jugend- und Familienrecht befindet sich eine leicht zu erschließende Synopse, in der die bisherige Fassung des KJHG der Neufassung gegenübergestellt wird. https://www.dijuf.de/SGB-VIII-Reform.html

TOP 15. Informationen zur Frühkindlichen Bildung

Auch als Reaktion auf den oben beschriebenen Fachkräftemangel in Kindertageseinrichtungen versucht das Land nun, während der Pandemie befristet beschäftigtes Personal mit verschiedenen Konzepten (Umschulung/Qualifizierung) für eine dauerhafte Tätigkeit in den Kitas zu gewinnen.

TOP 16 Berichte aus der Verwaltung

  • Gesetzesinitiative zum Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz:

Zurzeit ist das Gesetz auf einen Rechtsanspruch für einen Platz im Offenen Ganztag auf dem Weg in den Bundesrat. Sollte dieser zustimmen, was aufgrund der damit verbundenen hohen Betriebs- und Investitionskosten für die Länder (für NRW ca. 2 Milliarden Euro Betriebskosten jährlich) nicht wahrscheinlich ist, würde sich die Frage stellen, wie z.B. die Aufsicht über die OGS geführt würde bzw. ob die Landesjugendämter Aufsicht über die Einrichtungen und Maßnahmen führen müssten. Eine erste rechtliche Einordnung des Landesjugendamtes ergibt, dass mindestens die Standards, anhand derer die Schulaufsicht Aufsicht führt, geschärft und an den Standards der Jugendhilfe orientiert werden müssten.

Nach dem Rücktritt von Familienministerin Giffey ist es allerdings höchst fraglich, ob die die Gesetzesinitiative in dieser Legislaturperiode noch realisiert werden kann.

  • Kampagne „Das Jugendamt. Unterstützung, die ankommt“:

Unter dieser Überschrift informiert die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter über die Aufgaben und die Wirksamkeit der Jugendämter.

https://www.unterstuetzung-die-ankommt.de

Mit dieser Kampagne sollen junge Menschen angesprochen werden, die auf der Suche nach einer beruflichen Perspektive sind. Sie enthält aber durch auch interessante Informationen für all diejenigen, die sich neu in diesem Politikfeld bewegen.

  • Zwei-Milliarden-Aufholprogramm:

Die Bundesregierung hat zwei Milliarden Euro für ein Corona bedingtes „Aufholprogramm“ für Kinder und Jugendliche zur Verfügung gestellt. Abgesehen davon, dass dieses Programm seinen Schwerpunkt sehr auf den Bereich der schulischen Belange setzt und der Bereich Freizeit und Erholung zu kurz kommt, stellt sich die Frage, wieviel davon tatsächlich bei den Städten und Kreisen ankommt. Wichtig wäre auf alle Fälle eine Förderung über mehrere Jahre, da uns die Folgen der Pandemie sicherlich noch länger zu schaffen machen werden. Die Kommunen als Leistungserbringer der Jugendhilfe sollten sich insgesamt stärker in die Debatte einbringen, wie die Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendliche aufgefangen werden könnten. Fallzahlsteigerungen von 10 Prozent bei den „Hilfen zur Erziehung“ in manchen Kommunen sind ein Beleg für den Handlungsbedarf und die dafür nötigen Ressourcen.

Unsere Fraktion wird in dieser Wahlperiode im Landesjugendhilfeausschuss durch Karin Schmitt-Promny, Gabi Deussen-Dopstadt und Ulrike Tadema vertreten sein. Stellvertretende Mitglieder sind Andreas Blanke, Franziska Krumwiede-Steiner und Alexander Tietz-Latza.