Studien- und Informationsreise des LVR-Schulausschusses vom 13.05. – 16.05. 2024 nach Frankfurt a.M. und Freiburg i.B.

Reisebericht:  Bärbel Hölzing und Ruth Seidl

Ziel der Reise war es, sich schwerpunktmäßig mit den für die LVR-Förderschulen relevanten Aspekten der Ganztagsausgestaltung zu befassen. Dabei sollten anhand von Best-Practice-Beispielen Möglichkeiten eruiert werden, wie der Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung ab dem Schuljahr 2026/2027 an unseren Förderschulen realisiert werden kann. Schwerpunktmäßig lag der Fokus auf Konzepten, die eine ganztägige Nutzung von Schule und insbesondere der schulischen Räumlichkeiten umsetzen (multifunktionale Nutzung). Gleichzeitig sollten dabei die Weiterentwicklung der schulischen Inklusion sowie Modelle der Kooperation zwischen allgemeinen Schulen und Förderschulen („umgekehrte Inklusion“) eingehend betrachtet werden.

Vor diesem Hintergrund haben wir auf unserer Reise vier beispielhafte Schulen und Einrichtungen besucht:

Die Textorschule und die Willemer-Grundschule (Frankfurt a. Main)

Die Gertrud-Luckner Gewerbeschule und das Staatlich sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum mit Internat (Förderschwerpunkt Hören) in Freiburg und Stegen

1. Die Textorschule

Thema: Pakt für den Ganztag und Inklusion

Die ganztägig arbeitende Grundschule mit dem Profil Europa- und UNESCO-Grundschule liegt im Stadtteil Frankfurt-Sachsenhausen. Hier werden etwa 440 Schüler*innen beschult und der Pakt für den Ganztag (PfdG) umgesetzt. Bildungs- und Betreuungsangebote wechseln in einem rhythmisierten Stundenplan. Dabei arbeiten pädagogische Mitarbeiter*innen, Lehrkräfte, Sozialpädagog*innen sowie Mitarbeiter*innen der Jugendhilfe und Förderschullehrkräfte des Beratungs-und Förderzentrums eng und auf Augenhöhe zusammen die gemeinsam spezifischen Angebote im Zeitraum des Unterrichtsvormittags und in den Bildungs-und Betreuungszeiten bis 17:00 Uhr aus. Die Verzahnung ins Quartier funktioniert durch regelmäßige Quartierskonferenzen. Das Kind steht im Mittelpunkt und als Ausgangssituation des pädagogischen Konzeptes. Im Rahmen des Quartierkonzeptes können Kinder am Nachmittag unterschiedliche Angebote im Quartier u.a. in den vier Horten wahrnehmen. Äußerst spannend war auch das Raumkonzept der Schule, das sich durch Multifunktionalität und den offenen „wandlungsfähigen Raum“ auszeichnete. Die Schule versteht sich als „Eine Schule für alle“ und unterrichtet auch Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Schüler*innen mit einem Anspruch auf sonderpädagogische Förderung erhalten regelmäßig die Unterstützung durch eine*n Förderschullehrer*in.

2. Die Willemer-Grundschule

Thema: Erweiterte schulische Betreuung (ESB) und Raummodelle

Zu den Leistungen der Willemerschule gehören besonders

die Bereitstellung ganztägiger Bildungs-und Freizeitangebote, eine Frühbetreuung während der Schulzeit täglich von 7:30 Uhr bis Unterrichtsbeginn -für alle Schüler*innen -sowie einer Ferienbetreuung von 7:30 Uhr –17:00 Uhr mit einem ganzheitlichen Angebot (25 Schließtage im Jahr).

Die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams sowie

das gemeinsame Arbeiten in multifunktionalen Räumen ist hierbei essentiell. Neben der Ganztagsschulentwicklung verfolgt die Schule dabei das Ziel der inklusiven, ganzheitlichen und multi-professionellen Förderung aller Schüler*innen unter Berücksichtigung ihrer individuellen Kompetenzen.

Als Pilotschule wird auch viel mit der räumlichen Ausstattung und multifunktionalem Mobiliar experimentiert. Anhand der „Raumbox“ – einem Tool, um Raumkapazitäten in Schulen für den Offenen Ganztag zu identifizieren und umzusetzen, können Baumaßnahmen oder Containeraufstellungen z.T. vermieden bzw. optimiert werden.

3. Die Gertrud-Luckner-Gewerbeschule

Thema: „Kooperative Organisationsform“

Berufskolleg und Berufsfachschule, Technische Oberschule und Berufsvorbereitung, Berufsschule, Berufsaufbauschule sowie Meisterschule. Das alles bietet die GLG-Gewerbeschule ihren 1800 Schülerinnen und Schülern.

Das Leitbild der Schule orientiert sich stark an den Werten, die Gertrud Luckner vertreten hat. Ein Bestandteil ist, dass die Schüler*innen mindestens einmal während des Schulbesuchs an einem sozialen Projekt teilnehmen.

Im Sinne des Miteinanders befindet sich an der Gertrud-Luckner-Schule seit dem Schuljahr 2021/22 eine Inklusionsklasse in Kooperation mit der Richard-Mittermaier- Schule (SBBZ). Hier werden Schülerinnen und Schüler der Klasse Arbeitsvorbereitung dual (AVdual)und Jugendliche mit dem Förderbedarf Geistige Entwicklung zusammen erfolgreich unterrichtet. Es handelt sich hierbei um die einzige Gewerbeschule in Baden-Württemberg, die ein solch inklusives System an einer Gewerbeschule anbietet. Es wird darauf Wert gelegt, die Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Geistige Entwicklung später möglichst in Inklusionsbetrieben oder auf dem 1. Arbeitsmarkt unterzubringen.

4. Staatliches sonderpädagogisches Bildungs-und Beratungszentrum mit Internat, Förderschwerpunkt Hören, Stegen bei Freiburg

Thema: „Umgekehrte Inklusion“

Unsere letzte Station war eine Schule, die als ein überregionales, staatliches, sonderpädagogisches Bildungs-und Beratungszentrum mit Internat fungiert, welches spezialisiert ist auf den Förderschwerpunkt Hören.

Es bietet hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen eine allgemeine und gleichzeitig hörgeschädigten-spezifische Schulbildung mit zentralen Bildungsabschlüssen sowie vielfältige Beratungsangebote im Kontext Hören.

Im Sinne der umgekehrten Inklusion werden am BBZ Stegen sowohl hörende Kinder und Jugendliche als auch Kinder und Jugendliche mit einer Hörbeeinträchtigung und ggfs. zusätzlichem Förderbedarf beschult.

Vor der Aufnahme von Kindern ohne Hörbeeinträchtigung im Sinne der umgekehrten Inklusion, gibt es für diese eine intensive Beratung und Begleitung und abschließend eine Bewertung, ob die Kinder in das BBZ integrierbar sind.