Notizen aus dem Landesjugendhilfeausschuss

Liebe Freundinnen und Freunde,                                                    

Der LJHA befasste sich in seiner Sitzung am 21. September unter anderem mit folgenden Themen:

TOP 4.3. Haushaltsentwurf: Zuständigkeiten des Landesjugendhilfeausschusses

Der Haushaltsentwurf ist geprägt von den zusätzlichen Aufgaben, die nach dem Bundesteilhabegesetz auf die Landschaftsverbände zugekommen sind. Die Heilpädagogischen Leistungen in Regelkindertagesstätten (Basisleistung I) werden mit gut 110 Millionen Euro geplant und die individuellen heilpädagogischen Leistungen in Regelkindertagesstätten noch einmal mit 50 Millionen Euro. Dazu kommen noch die Leistungen in der Frühförderung in Höhe von gut 72 Millionen Euro.

Insbesondere bei der Frühförderung und den Heilpädagogischen Leistungen erhöht sich der Aufwand durch steigende Fallzahlen. Bei den Heilpädagogischen Leistungen in den Regelkindertagesstätten steigen die Kosten zudem auch dadurch, dass die meisten Einrichtungen bislang nur wenige Kinder mit (drohender) Behinderung aufnehmen, mit der Folge, dass nach den Regelungen des Landesrahmenvertrages höhere Pauschalen für die betroffenen Kinder zu finanzieren sind.

Der Haushaltsentwurf wurde in dieser Sitzung nur eingebracht, eine Debatte über den Entwurf der Verwaltung und mögliche Anträge zum Haushalt findet dann in der nächsten Sitzung des LJHA nach den Herbstferien statt.

 

TOP 5. Sachstandsbericht über die Verhandlungen zur Basisleistung II

Nach mehreren Verhandlungsrunden zwischen den Landschaftsverbänden und der Freien Wohlfahrtspflege in diesmal kleinem Kreise (Spitzengespräche) ist nun bei der Basisleistung II für die Kinder mit erhöhtem Förder- und Teilhabebedarf zumindest eine Verständigung auf die Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der heilpädagogischen und kombinierten Kitas gelungen. Dazu fehlt noch der formelle Beschluss in der Gemeinsamen Kommission (GK,) der aber in Kürze folgen soll. Die strittigen Finanzierungsfragen wurden in dieser Verhandlungsstufe zunächst außen vorgelassen.

Vereinbart wurde zudem, dass die Umstellungsfrist bis zum 31.7.2029 verlängert werden soll.

Wir haben in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass bei anstehenden Kita-Neubauten darauf geachtet werden sollte, dass sie bereits als kombinierte Kitas geplant werden.

Im Übrigen hat die Verwaltung in diesem Zusammenhang darüber informiert, dass der LVR sukzessive von der Gruppenfinanzierung auf die personenzentrierte Finanzierung umsteigt, wie es bereits beim Schwesterverband LWL praktiziert wird. Die Umstellung wird budgetneutral erfolgen.

Die Folien zu diesem Vortrag sind diesen „Notizen“ beigefügt.

2023-09-21 Vorstellung Sachstand Basisleistung II

 

TOP 7. Jahresbericht für das Jahr 2022 der Teams Aufsicht und Beratung (Vorlage 15/1905) und beigefügte Folien

Auffällig ist, dass auch in Jahr 2022 erneut ein Anstieg von Meldungen zu verzeichnen war. Dies betrifft sowohl Meldungen zu sexuellen Übergriffen als auch zu körperlichen Übergriffen, Meldungen zu pädagogischem Fehlverhalten und zu betriebsgefährdenden Ereignissen. Unklar ist dabei allerdings, ob dies darauf hindeutet, dass die auch von den Landesjugendämtern gewollte und unterstützte Sensibilisierung für entsprechende Vorfälle Früchte zeigt und die Träger die Meldepflicht solcher Vorkommnisse jetzt noch ernster nehmen oder ob Fehlverhalten tatsächlich häufiger als in den Vorjahren vorkommt. Die Gründe für Fehlverhalten könnten zum Beispiel mangelnde pädagogische Fähigkeiten sein, aber auch individuelle Überforderung oder Personalmangel. In jedem Fall ist es besser, wenn Vorfälle zu Fehlverhalten aller Art gemeldet werden und dann weiterverfolgt werden können.

Nicht eindeutig zu bestimmen sind auch die Gründe für die hohe Zahl von betriebsgefährdenden Ereignissen durch personelle Unterbesetzung. In 2022 war dies in 11990 Fällen von insgesamt 12873 Meldungen der Fall. Dies könnte tendenziell den Fachkraftmangel abbilden. Allerdings werden die Personalunter-besetzungen nicht differenziert nach Dauer und Grund erhoben. So waren – vermutlich – in 2022 noch viele Meldungen Corona-bedingt; es wird daher interessant sein zu sehen, wie sich diese im letzten Jahr erstmals erhobene Statistik weiterentwickelt.

2023-09-21 Jahresbericht_Aufsicht_und_Beratung

 

TOP 8. Aktuelle Entwicklungen in der frühkindlichen Bildung (Vortrag)

Hier ging es um die Förderrichtlinie Kita-Helfer*innen (Antragsende 31.10.2023, Laufzeit bis 31.12.2023) und die Förderrichtlinie Sprachkitas (Laufzeit ebenfalls bis 31.12.2023). Beide Förderungen werden dringend gebraucht, die knapp bemessenen Antragsfristen und die kurzen Laufzeiten machen es aber für alle Beteiligten mühselig, an die Fördermittel zu kommen. Bei beiden Förderungen ist aber eine Verlängerung geplant.

Ferner wurde über die neue Personalverordnung informiert, die neue Chancen bei der Personalgewinnung eröffnet. Der LVR hat hierzu eine „Positivliste“ erstellt, um deutlicher zu machen, welche Personengruppen nunmehr für welche Tätigkeiten auch in Frage kommen. Außerdem bietet die Verwaltung monatlich eine Web-Sprechstunde zu diesem Thema an.

Die Einzelheiten sind den beigefügten Folien zu entnehmen.

Leider fehlen noch die Förderrichtlinien für den investiven Ausbau bei den Kitas.

2023-09-21 aktuelle Entwicklung fruehe Bildung

 

TOP 9. Fachkräftemangel in betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen der Jugendhilfe gem. §§45ff. SGB VIII (Vorlage 15/1910)

Das Thema „Fachkräftemangel“ wird uns sicherlich durch die nächsten Jahre begleiten. Ausbildungsplätze müssen ausgebaut werden, der Beruf als solcher attraktiver gestaltet werden. Zur Attraktivität dieses Berufes gehören natürlich auch verlässliche Arbeitszeiten und eine Gruppengröße, die gutes pädagogisches Arbeiten möglich macht. Dies macht es umso wichtiger, mit kurz- wie mittelfristigen Maßnahmen die Besetzung von freien Stellen in den Betreuungsangeboten der Kinder- und Jugendhilfe zu vereinfachen und für Entlastung des Bestandspersonals zu sorgen. Die Landschaftsverbände haben dazu ein Maßnahmenpaket entwickelt, dass eine sofortige Erweiterung des Fachkräftegebots auf weitere Personengruppen vornimmt. Auch wird es Quereinsteiger*innen aus artverwandten Fachausbildungen – z.B. Ergotherapeut*innen, Hebammen, Gesundheitspfleger*innen, etc, – mittels Weiterqualifizierungen ermöglicht als Fachkräfte eingesetzt werden zu können. Bei den Trägern bleibt allerdings die Verantwortung, innerhalb dieser erweiterten Stellenbesetzungsmöglichkeiten Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu entwickeln und zum Beispiel Prüfkriterien für die persönliche Eignung der zu erarbeiten.

„Chancen nutzen, Risiken im Blick behalten“, könnte die Zusammenfassung lauten.

Das vorgelegte Maßnahmenpaket wurde einstimmig vom LJHA verabschiedet.

 

TOP 10. Aufsichtsrechtliche Grundlagen (Vorlage 15/1911)

Im Rahmen der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe kann es zu freiheitsbeschränkenden oder gar freiheitsentziehenden Maßnahmen kommen. Dabei geht es immer um eine Abwägung zwischen der zu verhindernden Gefahr einerseits und dem Eingriff in die Rechtssphäre der betroffenen Kinder und Jugendlichen andererseits.

Dazu hatte der Gesetzgeber 2017 neu im BGB formuliert, dass bei diesen Maßnahmen für jeden Einzelfall eine familiengerichtliche Genehmigung einzuholen sei. Die hierdurch entstandenen Fragestellungen hatte das Landesjugendamt aufgegriffen, Fachgespräche und einen großen Fachkongress unter Beteiligung der Justiz durchgeführt. Die Ergebnisse dieser verschiedenen Erörterungen sind in die vorgelegte Aufsichtsrechtliche Grundlage eingeflossen, die den Trägern nun eine stärkere Handlungssicherheit geben soll.

Die Aufsichtsrechtliche Grundlage wurde auch einstimmig vom LJHA beschlossen.

 

TOP 11. Empfehlung „Wahrnehmung des Schutzauftrags gemäß § 8a SCB VIII bei Anhaltspunkten für sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ (Vorlage 15/1928)

Die in den letzten Jahren bekannt gewordenen Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche haben Entsetzen und Fassungslosigkeit ausgelöst. Sie haben dabei aufgezeigt, dass die Jugendämter vor besonderen Herausforderungen stehen, wenn es um die Klärung von vermuteter sexualisierter Gewalt geht.

Daher haben die beiden Landesjugendämter in Abstimmung mit dem Familienministerium NRW und den kommunalen Spitzenverbänden beschlossen, eine Empfehlung zu entwickeln und zu veröffentlichen, die sich speziell dem Umgang mit Anhaltspunkten für sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche widmet.

Diese Empfehlung wurde im LJHA einstimmig beschlossen. Den örtlichen Jugendhilfeausschüssen wird eine Befassung mit dieser Empfehlung empfohlen.

 

TOP 12. Aktualisierung der Richtlinien des Mitmän-Preises (Vorlage 15/1931)

Mit dem Mitmän Preis, der 2020 erstmals verliehen wurde, soll besonderes freiwilliges ehrenamtliches Engagement von jungen Menschen (bis zu 27 Jahren) ausgezeichnet werden. Dotiert ist der Preis mit 10.000.- Euro.

Bei den Vergaben 2020 und 2022 zeigte sich, dass relativ wenig aussagekräftige Bewerbungen eingesandt wurden.

Ein Grund dafür könnte der Umstand sein, dass sich die jungen Menschen bislang ausschließlich selbst bewerben konnten (bzw. bei Minderjährigen durch ihre Erziehungsberechtigten). Möglicherweise haben nicht so viele Jugendliche von diesem Wettbewerb erfahren, vielleicht hat sich der eine oder die andere auch nicht getraut. Dem soll nun begegnet werden, indem auch Träger von Projekten und Initiativen, in denen Jugendliche sich für eine inklusive Gesellschaft einsetzen, diese vorschlagen können. Vorschlagsberechtigt werden auch die ordentlichen und stellvertretenden Mitglieder des LJHA, Vorsitzende und Direktorin des Landschaftsverbandes.

Im Übrigen wird nun davon abgegangen, bei den Preisen eine Rangfolge zu erstellen; die zur Verfügung stehenden 10.000.- Euro können künftig zu gleichen Teilen aufgeteilt werden.

Da Engagement immer schwer zu gewichten ist, ist gerade diese Neuregelung besonders begrüßenswert.

 

TOP 13. Berichte aus der Verwaltung

Hier wurde unter anderem über den Stand eines Projekts des LVR Berufskollegs in Düsseldorf berichtet, das in einem Schulentwicklungsvorhaben die Ausbildung auf einen stärkeren Online-Teil umstellen will, um denjenigen Menschen die Chance zu geben, die Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher zu ergreifen, die aus beruflichen oder privaten Gründen nicht die Gelegenheit haben, dauerhaft an Präsenz-Veranstaltungen teilzunehmen. Im Endeffekt geht es um die Erweiterung des Distanzvolumens im Unterricht auf 40%.

Leider gab es dazu schlechte Neuigkeiten: Die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf hat den Antrag abgelehnt, da sie zum einen in ihrem Zuständigkeits-bereich keinen Bedarf für eine derartige Ausbildung gesehen hat und weil zum anderen der maximal zulässige Anteil an Distanzlernen durch den gewünschten Lehrplan überschritten werden würde, da die Bezirksregierung auch das gemeinsame Lernen am Bildschirm vor Ort dazu rechnet.

Der LJHA äußerte seine Enttäuschung darüber, dass hier ein innovatives Projekt ausgebremst wird, dass gegen den so häufig beklagten Fachkräftemangel helfen könnte.

Nun hat Anfang September die Schulministerin öffentlich betont, dass das Distanzlernen in Berufskollegs erleichtert werden soll.

Der LJHA nahm dies zum Anlass, einstimmig der Verwaltung zu empfehlen, an einer erneuten Antragstellung zu arbeiten und bat den LVR-Schulausschuss, diesem Beispiel zu folgen.

 

Alle Vorlagen sind über unsere Geschäftsstelle zu erhalten.

Unsere Kontaktdaten für An- oder Abmeldungen der Notizen, Fragen und Anregungen: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Fraktion in der Landschaftsversammlung Rheinland, Landeshaus, Kennedyufer 2, 50679 Köln

Tel: 0221-8093364; Fax: 0221-8092560, gruene-fraktion@lvr.de, www.gruene-fraktion-lvr.de