Ein Schwerpunkt der Reise war der Besuch des Enik Recovery College.
Im Jahr 2015 erkannte die niederländische Regierung, dass die bisher staatlich gelenkte und finanzierte Hilfe für Menschen mit seelischen oder psychischen Problemen den Betroffenen zu wenig half. Also übergab man die inhaltliche und finanzielle Verantwortung an die Kommunen. Dies war der Startschuss für das Enik Recovery College. Als Teil der Einrichtung „Lister“, die sich insgesamt um Menschen mit Behinderung kümmert, entstanden in der Folge an verschiedenen Standorten kleine und größere Einrichtungen, in denen das Ziel verfolgt wird, durch die Beratung und Begleitung von „peers“, also ebenfalls Betroffenen, Menschen zu befähigen, trotz ihrer Probleme oder Störungen ein zufriedenstellendes Leben zu führen.
Charakteristisch ist dabei, dass die Hilfesuchenden freiwillig kommen, keine ärztliche Diagnose brauchen, um Hilfe zu bekommen, und die verschiedenen Angebote kostenlos nutzen können. Finanziert werden das Haus und die Angebote von der Kommune. Wer mag – und einen freien Platz findet – ist eingeladen, eine mehrtägige Auszeit zu nehmen; in dieser Zeit im College zu wohnen und an Gesprächsrunden oder am ganz normalen sozialen Leben innerhalb des Hauses teilzunehmen. Des Weiteren gibt es spezielle Kurse, wie den „Wellness Recovery Action Plan“ und „Honest Open & Proud“ oder themenspezifische Gesprächsrunden, die grundsätzlich alle das Ziel verfolgen, Menschen dabei zu helfen, ihre Möglichkeiten und Ziele neu zu entdecken und zu definieren. Kern der Peer-Hilfe ist dabei, kein definiertes Ziel vorzugeben und zu verfolgen, sondern die hilfesuchenden Menschen dabei zu unterstützen, sich selber besser zu verstehen und eigene Ziele zu formulieren. Jährlich besuchen rund 1.500 Menschen das Enik Recovery College in Utrecht. Manche besuchen nur einen Kurs und kommen dann nie wieder, andere kommen regelmäßig zu den verschiedensten Aktivitäten.
Unsere Fraktion war sehr beeindruckt von der Klarheit und Stringenz dieses am einzelnen Menschen orientierten Ansatzes; wir werden sicherlich darüber diskutieren, wie Aspekte dieser Unterstützungsform auch für das Rheinland umsetzbar wären.
Bei einer Reise in die Niederlande darf aber auch das Thema „Radverkehr“ nicht fehlen. Wir nutzten die Gelegenheit, um uns vom internationalen Radbotschafter Arjen de Boer seine Heimatstadt Houten (ca. 10 km von Utrecht entfernt) zeigen zu lassen. In Houten ist die Infrastruktur grundsätzlich auf das Rad ausgerichtet; der motorisierte Individualverkehr ist nur noch eine Randerscheinung; was wörtlich zu nehmen ist, da in bestimmten Bezirken der Pkw nur am Rande der Wohnbebauung genutzt und abgestellt werden darf.
Mit dem Rad unterwegs waren wir auch mit Pepijn Zwanenberg, Ratsherr von Groen-links in Utrecht, der uns dort zu interessanten Projekten aus den Bereichen Stadtentwicklung und Verkehrsinfrastruktur führte.
Ein interessanter Rundgang zu den Zeugnissen bemerkenswerter Frauen in Utrecht und nicht zuletzt spannende Gespräche mit der Utrechter Ratsfraktion von Groen-links rundeten die drei Tage ab.