Bild von Johannes Bortlisz-Dickhoff

Rede von Johannes Bortlisz-Dickhoff

„Spiel nicht mit den Schmuddelkindern, sing nicht ihre Lieder!“, an dieses Lied, sehr geehrte Damen und Herren von Verwaltung und Politik, fühlte ich mich in den letzten Wochen der Haushaltsdiskussion das eine oder andere Mal erinnert.

Das Lied ist von Franz Josef Degenhardt, dem kommunistischen Liedermacher, der mit seinen Liedern die kleinbürgerliche Gesellschaft der 60er – Jahre auf unnachahmliche Art kritisierte. Genutzt hat das alles nichts. Der Kommunismus ist selbst für die Linke keine erstrebenswerte Perspektive und taugt noch nicht einmal zur Abschreckung: Rote Socken Kampagnen erweisen sich als Ladenhüter und bleiben unwirksam.

Allerdings weist der Umgang mit den Haushaltsanträgen der GRÜNEN Fraktion Ähnlichkeiten mit dem Kommunikationsverbot aus den 60er Jahren auf: Hör nicht auf die Argumente der GRÜNEN, lass dir den Spaß nicht verderben, genieße die Freiheit von Fliegen und Abenteuer, „decke Bein mit Beine, gieß Gin und Tonic ein“

Schon um 1900 beschrieb der spätere Nobelpreisträger Svante Arrhenius den Zusammenhang des Anstiegs des CO2-Anteils in der Atmosphäre und der Durchschnittstemperaturen. Mit dem Club of Rome wurden die Erkenntnisse über diese Zusammenhänge und die Folgen für den Planten eigentlich Allgemeingut. Wir wissen – eigentlich – was wir tun.

Doch wenn wir entsprechende Anträge stellen, die in unserem kleinen und beschränkten Handlungsrahmen der Aufgaben des Landschaftsverbandes das Nachhaltigkeitsoptimum erreichbarer machen, werden diese Anträge mit dem Hinweis auf die allumfassenden Aussagen des Haushaltsbegleitantrages von CDU und SPD meist noch nicht einmal diskutiert: „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!“

Dies ist kein Umgang mit einer Fraktion, die sich stets um einen konstruktiven Dialog mit Verwaltung und den demokratischen Fraktionen bemüht. Und zwar nicht deswegen, weil wir uns da emotional zurückgesetzt fühlen, sondern deswegen, weil die uns als Politik auferlegten Aufgaben nicht bestmöglich erfüllt werden.

Sie reagieren lediglich dann, wenn aus den Reihen der Mitgliedskommunen massiv Kritik formuliert wird. Ohne den breiten Protest gegen die Erhöhung des Umlagesatzes, wäre es ein Leichtes gewesen, diesen von 15,2 auf 15,4 Prozent anzuheben.

Dieses in einer Zeit, in der alle Kommunen flächendeckend mit der Pandemie zu kämpfen haben, und in der ziemlich viele Kommunen die Auswirkungen des Hochwassers vom 14. Juli bewältigen müssen. Nicht nur im Ahrtal oder in den Einzugsgebieten von Erft und Wupper.

Wir werten es als Erfolg unserer Kritik, dass es beim Umlagesatz von 15,2 Prozent für 2022 bleibt. Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD, waren bereit, die Umlage für 2022 um 0,2 Prozentpunkte anzuheben und damit die Kommunen um knapp 42 Millionen Euro höher zu belasten als im Haushaltsentwurf vorgesehen und mit den Kommunen besprochen. Sie waren bereit, das Rücksichtnahmegebot gegenüber den Städten und Kreisen zu ignorieren. Allein die abermaligen besorgten Stellungnahmen aus den rheinischen Kommunen, die deutlich gemacht haben, wie heftig diese Umlageerhöhung ihre sowieso schon sehr angespannte Situation weiter verschlechtern würde, konnte Sie bewegen, noch einmal in der Verwaltung nach Begründungen für einen Rückzug von der Position zu suchen.

Sie blieben aber dabei, unseren Antrag auf Reduzierung des für 2023 vorgesehenen Umlagesatzes um 0,25 Prozentpunkte abzulehnen, obwohl sich die Einnahmesituation des Landschaftsverbandes in 2023 schon aufgrund der Veränderungen in den Bemessungsgrundlagen um diesen Betrag verbessert.

Hieran zeigt sich auch, dass Doppelhaushalte an sich nicht geeignet sind, die Haushaltsentwicklung in sich gründlich verändernden Umwelten genau zu prognostizieren. Doppelhaushalte sollten die Ausnahme bleiben, die besonderen Anlässen geschuldet sind. Die Schätzung der Umlagegrundlagen, basierend auf möglichen Belastungen oder Entlastungen durch neue politische Entscheidungen oder Rettungspakete, gleicht dem Blick in eine trübe Glaskugel. Auch weil die Entwicklungen für 2023 schwierig zu kalkulieren sind, lehnen wir den Haushalt als Doppelhaushalt ab.

Für uns ist erstaunlich und schwer nachvollziehbar, dass Sie in ihrem Haushaltsbegleitbeschluss fast jede konkrete politische Zielbestimmung der Verwaltung überlassen und sich nunmehr ja auch beim Umlagesatz wieder an ihr orientieren. Der Haushalt selbst ist durch die Verwaltung solide aufgestellt, verwaltet aber lediglich den Status quo und führt nicht weiter. Die Kämmerin verfolgt konsequent die Linie der bisherigen Haushaltspolitik des Hauses: Erstens eigene Konsolidierungsmaßnahmen, zweitens moderate Umlageerhöhung und drittens der flexible Einsatz der Ausgleichsrücklage. Schon bei der Finanzkrise wurde die Ausgleichsrücklage eingesetzt, um auf die Kommunen Rücksicht zu nehmen. Danach konnte sie wieder durch Jahresüberschüsse aufgefüllt werden. Die Ausgleichsrücklage ist genau das Instrument, dass eine zu starke Belastung der Kommunen verhindert.

Wie der Titel Ihres Antrages richtig beschreibt, ist ihr Antrag in der Tat ein Haushaltsbegleitbeschluss. Sie begleiten den Haushalt, aber sie verzichten völlig auf jede politische Gestaltung. So heißt es beispielsweise: „Die Verwaltung wird … aufgefordert, einen definierten Weg zur Klimaneutralität des LVR einschließlich eines noch zu definierenden Zeitpunktes aufzuzeigen.“ Übersetzt: Verwaltung mach irgendwann mal was.

Während Sie, meine Damen und Herren, mit Ihrem Begleitbeschluss völlig auf den politischen Gestaltungswillen verzichten, haben wir mit unseren Anträgen in vielen Bereichen der Arbeit des Landschaftsverbandes gezeigt, wie dies mit politischen Zielen konkretisiert werden könnte. Genau das ist die Aufgabe von Politik. Wir geben der Verwaltung konkrete Umsetzungsziele vor und diese setzt sie dann um. Insofern war es nur folgerichtig, dass wir in manchen Ausschüssen unsere Anträge als Ergänzungsanträge eingebracht haben. Aber ohne sich mit diesen sach- und fachgerecht auseinanderzusetzen, haben sie diese zum großen Teil und diskussionslos einfach abgelehnt. Dies ist der Aufgabe, vor der die Politik steht, nicht angemessen. Demokratie ist ein Ringen um die beste Lösung.

Wir werden Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD, heute nicht weiter damit belästigen, dass wir unsere Anträge zur Klimaneutralität, zu inklusivem Wohnraum, für eine klimaschonende Mobilität oder zum Gewaltschutz erneut erläutern und um Ihre Unterstützung werben. Sie haben unsere Bereitschaft, konstruktiv an der Zielformulierung des LVR mitzuwirken, diskussionslos zurückgewiesen. Dieser rote Faden der Verweigerung der politischen Debatte zog sich durch die Beratung in allen Fachausschüssen.

Ihr Desinteresse an der politischen Auseinandersetzung und Ihre Ambitionslosigkeit gegenüber den Herausforderungen, denen auch der LVR gerecht werden muss, ist der eigentliche Grund für unsere Ablehnung des Haushaltes.

Übrigens, dass wir einem Begleitbeschluss nicht zustimmen, der permanent das Handeln von CDU und SPD loben, preisen und beschließen soll, dürfte sich eigentlich von selbst verstehen. Das ist aus meiner Sicht auch kein handwerklicher Fehler – so könnte man der Auffassung sein, Sie haben die Pressemitteilung zu ihrem Antrag mit dem Antrag selbst verwechselt. Nein, mir kommt es so vor, dass sie von Anfang an mit der Miko die Vereinnahmung der kommunalen Gebietskörperschaft LVR als ausführendes Organ ihrer mittelgroßen Koalition konzipiert haben.

Bedanken möchte ich mich bei der Verwaltungsspitze, beim Verwaltungsvorstand und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die immer konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ich möchte der heute neu gewählten Landesrätin Dr. Corinna Franz und dem wieder gewählten Landesrat Lorenz Bahr herzlich gratulieren. Wir freuen uns auf die gute Zusammenarbeit.

Ein ganz besonderer Dank geht auch im Namen meiner Fraktion an die scheidende Kulturdezernentin Milena Karabaic für die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahrzehnten. Diese war für uns immer gewinnbringend, sie war wertschätzend, fair und absolut konstruktiv. Liebe Frau Karabaic, ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Un – Ruhestand und bin mir sicher, dass wir uns bei der einen oder anderen Gelegenheit wiedersehen. Ich sage nur „Rheinisches Revier“.

Der Kämmerin und ihren Mitarbeitenden ist für die wie immer gut vorbereiteten und konstruktiven Haushaltsberatungen zu danken. Den Mitgliedern meiner Fraktion danke ich für Ihr Vertrauen und für die intensive Beratung des diesjährigen Haushalts.

Auch wenn wir in dieser Wahlperiode die wichtige Oppositionsrolle übernehmen, wissen wir doch, wofür wir das machen. Wir sind uns auch sicher, dass die Fragen, die die Grünen aufgeworfen haben, immer wichtiger werden und damit eben auch die GRÜNEN selbst an Wertschätzung und Wert gewinnen. Vielleicht irrt Franz-Josef Degenhardt ja mit seinem Lied über August den Schäfer, bei dem es am Ende heißt:

„Doch wer hört schon auf einen alten Hut, und ist auf der Hut, und ist auf der Hut?“