Liebe Freundinnen und Freunde,                                                                                                            November  2022

 der Landesjugendhilfeausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 10. November unter anderem mit folgenden Themen:

 TOP 7. Zwischenbericht zum Modellprojekt „Inklusiver Sozialraum“ und Verlängerung des Modellprojektes (Vorlage 15/1245)

In diesem Modellprojekt werden in drei Mitgliedskörperschaften (Essen, Rhein-Sieg-Kreis/Sankt Augustin, Städteregion Aachen) die Vorgaben der Sozialgesetzbücher IX und XII und der jeweiligen Landesausführungsgesetze zur Sozialraumorientierung in der Eingliederungshilfe erprobt.

Ziel ist es, praxistaugliche Verfahren und Instrumente zu entwickeln, die es dem LVR-Fallmanagement ermöglichen sollen, sozialraumorientiert Teilhabebarrieren zu erkennen – und abzubauen. Das Projekt ist in 2021 gestartet und sollte ursprünglich bis zum 31.7.2024 laufen. Aufgrund der Corona-bedingten Beschränkungen und damit verbundenen Defizite an Erkenntnisgewinn ist nun eine Verlängerung der Laufzeit um ein Jahr vorgesehen.

Interessante Zahlen und Bewertungen liegen aber teilweise bereits jetzt vor. So konnte bei der eingehenden Analyse im Postleitzahlbereich 52068 der Städteregion Aachen festgestellt werden, dass die Förderfaktoren vieler Leistungsberechtigter sich auf Dienste der sozialen Unterstützung, des Gesundheitswesen und Beschäftigungswesens sowie persönliche Hilfs- und Pflegepersonen sowie den engsten Familienkreis beschränkten. Zugänge in den Sozialraum (Kultur-, Freizeit- Sportinstitutionen, weiterer Bekanntenkreis) sind für die Klient*innen der Eingliederungshilfe nur marginal gegeben.

Zusammenfassend heisst es in der Vorlage: „Leistungsberechtigte nehmen die Leistungen in Anspruch, die ein Leistungserbringer vorhält – und nutzen nicht die Ressourcen, die ein Sozialraum bietet.“

Dementsprechend soll in den Modellregionen erprobt werden, wie durch eine veränderte Ausrichtung der Leistungen der Eingliederungshilfe die Nutzung des Sozialraums (Sport, Mobilität, Kultur) gestärkt werden kann.

Weitere Zwischenergebnisse des Modellprojekts sollen der Fachöffentlichkeit im nächsten Jahr präsentiert werden.

Der LJHA hat einstimmig die vorgeschlagene Verlängerung des Modellprojekts um ein Jahr beschlossen.

 

TOP 8. Digitales Bildungsangebot am LVR-Berufskolleg Düsseldorf (Vorlage 15/1357)

In der letzten Sitzung des LJHA wurde berichtet, dass das LVR-Berufskolleg gerne vermehrt digitale Angebote in die theoretische Ausbildung integrieren würde, was auch den Interessen der Auszubildenden sehr entgegen kommen würde. Der LJHA hatte daraufhin den einstimmigen Beschluss gefasst, dass die Verwaltung beauftragt wird, Gespräche mit der Bezirks- und Landesregierung aufzunehmen, um einen Schulversuch einer Praxisorientierten Ausbildung mit Blended Learning von Erzieher*innen und Kinderpfleger*innen im Fachbereich Sozialwesen des LVR-Berufskollegs Düsseldorf anbieten zu können.

Nunmehr hat das LVR-Berufskolleg beim Schulträger ein entsprechendes Schulvorhaben beantragt, das um 1.8.2023 starten soll.

Blended Learning bedeutet in diesem Fall eine Form des „gemischten Lernens“. Dabei geht es um die Mischung des Unterrichts von verschiedenen Lernszenarien mit einer Erweiterung des Distanzlernvolumens auf 40% in der Ausbildung zum Erzieher bzw. zur Erzieherin. Dadurch soll nicht zuletzt erreicht werden, dass durch die Reduzierung der Unterrichtstage vor Ort weitere Zielgruppen für diese Ausbildung angesprochen werden, die sonst – vornehmlich aufgrund von Care-Verpflichtungen oder weil sie bereits einen Beruf ausüben – den Weg in diese Ausbildung nicht finden würden. Ein weiterer Baustein also, um dem grassierenden Fachkräftemangel zu begegnen.

Wir haben den innovativen Ansatz und die rasche Umsetzung gelobt und hoffen auf Nachahmung.

 

TOP 10. Anpassung der Richtlinie des LVR-Landesjugendamtes Rheinland zur Anerkennung von Vormundschaftsvereinen gem. § 54 SGB VIII (Vorlage 15/1326)

Wir haben darum gebeten, dass diese Vorlage auch dem Sozialausschuss zur Kenntnis gegeben wird.

Einig war sich der Ausschuss, dass die im SGB VIII vorgesehene Fallobergrenze von 50 Vormundschaften je Vollzeitstelle in ihrer maximalen Ausschöpfung nicht geeignet wäre, die Betreuung in einer angemessenen, persönlichen Form durchzuführen.

Wir haben an dieser Stelle angeregt, verstärkt auf die Qualifikation bzw. weitere Qualifizierung der Vormundschaftler*innen zu achten.

 

TOP 11. Frühe Hilfen in Nordrhein-Westfalen – eine Bilanz nach 10 Jahren Bundesstiftung Frühe Hilfen (Vorlage 15/1269)

Durch das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) ist seit 2012 schrittweise eine bundesweite und flächendeckende Versorgung mit Netzwerken Früher Hilfen und den entsprechenden Angeboten für Familien und ihre Kinder von der Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr gewachsen. Zur Finanzierung stellt der Bund dauerhaft 51 Millionen Euro jährlich zur Verfügung, wovon 10, 3 Millionen Euro nach NRW fließen.

Die Netzwerkakteur*innen der Frühen Hilfen orientieren sich bei der Weiterentwicklung der Angebote an den Rahmenbedingungen der Kommune den Bedarfslagen der Adressat*innen. Zugleich wird angestrebt, die gemeinsamen Qualitätsstandards von Bund und Land zu berücksichtigen. Ein NRW-spezifisches Angebot sind dabei die Willkommensbesuche bei Familien mit Neugeborenen. Diese Besuche, die in einem Großteil der Kommunen stattfinden, werden durch Fachkräfte und auch durch Ehrenamtliche durchgeführt und können helfen, die Familien bei Bedarf frühzeitig in andere Angebote zu vermitteln.

Eine große Herausforderung für die Frühen Hilfen war und ist die Corona-Pandemie. Der niedrigschwellige Charakter der Angebote, die ohne Anmeldung offen sind für alle Familien, war nach dem ersten Lockdown in 2020 massiv eingeschränkt. Die Mitarbeiter*innen haben versucht, durch kreative digitale Angebote die Familien nicht aus dem Blick zu verlieren und zum Teil aufsuchende Angebote fortzusetzen.

Aktuell stehen die Auswirkungen des Kriegs gegen die Ukraine und der hohen Energiepreise im Blickpunkt. Es zeigt sich dabei, dass der hohe Anteil von Armutslagen mittlerweile „in der Mitte der Gesellschaft“ angekommen ist, wie in der Vorlage erwähnt wird.

Die Fachberatung Frühe Hilfen der Landesjugendämter begleitet die Auf- und Ausbauprozesse der Kommunen seit nunmehr auch fast 10 Jahren und unterstützt mit Beratung, Fortbildung und Wissenstransfer zu relevanten Praxisbereichen. Ein solcher Praxisbereich ist die Schnittstelle zwischen den Frühen Hilfen und dem Allgemeinen Sozialen Dienst. Die Landesjugendämter von LVR und LWL haben daher unter Beteiligung von Fachkräften aus beiden Handlungsfeldern die Arbeitshilfe „Gemeinsam für Familien: Das Miteinander von Frühen Hilfen und ASD im Jugendamt gestalten“ entwickelt. Die Arbeitshilfe ist zur Zeit im Druck und auch Bestandteil der oben genannten Vorlage.

Hinweise zur Evaluation der Frühen Hilfen werden dem Protokoll dieser Sitzung des LJHA beigefügt.

 

TOP 12. Bericht über die Bewirtschaftung des Kinder- und Jugendförderplans NRW 2021 (Vorlage 15/1306)

Im Berichtsjahr 2020 konnten nicht alle Mittel, die nach dem Kinder- und Jugendförderplan des Landes vorgesehen und bewilligt worden waren, tatsächlich auch verausgabt werden. Der Gründe waren Corona-bedingte Absagen von Maßnahmen und Minderausgaben bei Maßnahmen, die – ebenfalls Corona-bedingt – nicht in der gewünschten Weise zustande kommen konnten. Immerhin wurde eine Mittelabflussquote von 93,68 % erreicht, was unter diesen Umständen durchaus positiv zu bewerten ist.

 

TOP 16. Berichte aus der Verwaltung

  1. Offene Ganztagsschule

Im Rahmen von zwei Regionalkonferenzen zum Thema Jugendhilfe- und Schulentwicklung wird auch über die Offene Ganztagsschule debattiert werden. Die Regionalkonferenz für den Regierungsbezirk Düsseldorf findet am 13.12. statt, die für den Regierungsbezirk Köln am 16.12.

Am 21.12. konstituiert sich der Expert*innenbeirat für die Begleitung des Landesausführungsgesetzes zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder in NRW.

Zum Thema OGS findet am 29.11. auch ein Fachtag der Freien Wohlfahrtspflege in Essen statt.

  1. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Hier informierte die Verwaltung, dass die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus der Ukraine stark rückläufig sei, während die Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge aus anderen Ländern stark steige. Dabei sei zu konstatieren, dass die Verteilung der Geflüchteten auf die Kommunen und Kreise gegenwärtig in NRW nicht gut funktioniere, weil es an Unterkünften und Fachkräften mangele.

  1. Fachkräftemangel

Vor kurzem hat sich die NRW-Koordinationsstelle Fachkraftoffensive vorgestellt. In ihrer Arbeit will sie sich vor allem drei Themen widmen: Verbesserung der Kapazitäten bei Aus- und Weiterbildung, Aktivierung neuer Zielgruppen und Kooperation vor Ort.

Angesprochen auf durch Fachkräftemangel notwendige Schließungen von Gruppen oder ganzen Einrichtungen im Einzugsbereich des LVR erläuterte die Verwaltung, dass sie zwar seit diesem Jahr Meldungen wegen Unterschreitung der Mindestpersonalausstattung von anderen Meldungen, die den Betrieb gefährden, statistisch unterscheiden könne; nicht einzugrenzen sei aber nach wie vor, ob die Unterschreitungen mit den Auswirkungen von Corona zu tun hätten oder aus grundsätzlichem Mangel an Fachkräften erfolgten.

 

TOP 20. Verabschiedung des ehemaligen LVR-Kinder- und Jugenddezernenten Lorenz Bahr

Das Beste kommt zum Schluss, sagt der Volksmund. Nachdem er bereits seit einigen Monaten seit berufliches Domizil in Düsseldorf aufgeschlagen hat, konnte der ehemalige LVR- Kinder- und Jugenddezernent Lorenz Bahr nun auch offiziell verabschiedet werden.

Dazu an dieser Stelle ein Zitat aus unserer Pressemitteilung zum Weggang von Lorenz:

„Es ist wie im Sport; starke Leistungen erwecken Begehrlichkeiten. Und so müssen wir leider Lorenz Bahr nach Düsseldorf ziehen lassen. In seiner Zeit als LVR-Dezernent hat er sich Anerkennung und Respekt von Verwaltung, Politik, Freien Trägern und Mitarbeitenden erworben. Der Umgang seines Dezernats mit dem Thema unbegleitete minderjährige Flüchtlinge war vorbildlich, viele Initiativen zum Schutz von Kindern und der besseren Berücksichtigung der Interessen von Kindern und Jugendlichen in allen Lebensbereichen wurden unter seiner Leitung angestoßen.

Wir wünschen ihm von Herzen viel Glück und alles Gute für seine Tätigkeit und freuen mich, künftig einen engagierten Vertreter für die Interessen von Kindern, Jugendlichen, Frauen und Geflüchteten in der Landesregierung zu haben.“

Dem können wir uns auch von dieser Stelle nur anschließen.

Alles Gute, lieber Lorenz!

 

Alle Vorlagen sind über unsere Geschäftsstelle zu erhalten.

Unsere Kontaktdaten für An- oder Abmeldungen der Notizen, Fragen und Anregungen: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Fraktion in der Landschaftsversammlung Rheinland, Landeshaus, Kennedyufer 2, 50679 Köln

Tel: 0221-8093364; Fax: 0221-8092560, gruene-fraktion@lvr.de, www.gruene.lvr.de